Alle Beiträge von Herbert H. Böhm

Tall Ships´ Races 2019 Im Kielwasser der Wikinger und der Hanse

ROUEN – SCHEVENINGEN – AALBORG – FREDRIKSTAD – BERGEN – AARHUS

Recht früh beginnt in diesem Jahr der Veranstaltungsreigen in dessen Mittelpunkt zu Beginn die großen Windjammer stehen – und später alle mögliche Galeassen, Schoner und Yachten – insgesamt liegen Ende Mai weit über 75 Meldungen vor.

Diktiert wurde das frühe Datum vom Beginn der Landung in der Normandie am 6.Juni 1944, die im historischen Gedächtnis der Frankreichs, Englands und der USA eine so wichtige Rolle spielt.

Patrick Herr, einem langjährigen Mitglied er französischen Nationalversammlung, gelange es wieder zahlreiche Windjammer und Einheiten nach Rouen zu holen  um dort dem denkwürdige Ereignis zu gedenken. Als L´ Armada de la Liberté 6. -16. Juni), eine Reihe die 1989 mit der unübertroffenen L´Armada de la Revolution begann,  wird sich auch dieses Treffen in die Reihe der spektakulären Veranstaltungen am Ufer der Seine einreihen.

Da  nur wenige Wochen später die traditionellen Tallships´Races in Aalborg beginnen, entschloss sich die federführende Organisation „Sail Training International“  den Schiffen ein Angebot zu machen: Sie  rief zu einer Art Zubringer – Regatta, dem Liberty Race, von der Seine – Mündung(Start 17.6. 2019) nach Scheveningen (20. – 23.Juni) in den Niederlanden.

Wenn Rouen auch nie eine Siedelung der Wikinger war, so wurde die Stadt doch von den harten Kriegern mehrfach geplündert, ebenso wie Siedlungen an der flämischen Küste womit wieder die Verbindung zu den Wikingern und deren Kielwasser hergestellt ist. 

Das über tausendjährige Aalborg jedoch ist tatsächlich eine Wikingergründung (vermutlich um 682) wie zahlreiche sehenswerte Spuren in der Umgebung beweisen. Eine eindrucksvolle Armada wird sich am 3. Juli dort zum dritten Mal versammeln und bis zum  6. Juli bestimmt wieder zahlreiche Besucher anlocken. Nach der eindrucksvollen Parade im Limfjord ist die norwegische Festungsstadt unweit der Glomma – Mündung das Ziel von Race 1. Eng gedrängt liegen dort die vielen Segler vor Nordeuropas besterhaltener Festungsanlage und dem Zentrum zur Restaurierung historischer Holzschiffe (Isegran).

Von dort geht es mit vielen Zwischenstopps um Südnorwegen herum, als sog. „Cruise in Company“ nach Bergen. Dieses gemeinsame Segeln, bei dem oft Besatzungsmitglieder mit anderen Schiffen getauscht werden, dient vor allem dem gegenseitigen Kennlernen und ist kein Wettbewerb. Den gibt es wieder nach den spannenden Tagen in Bergen, der zweitgrößten Stadt Norwegens und Krönungsstadt – gegründet um 1070 vom Wikingerkönig Olav Kyrre. Obwohl Bergen nie eine Hansestadt war, gehört um 1360 das dortige Hansekontor zu den wichtigsten Handelsplätzen des Mittelalters. Trotz mancher Stadtbrände repräsentiert die Tyske Bryggen bis heute nahezu unverfälscht diesen, unter dem Schutz der UNESCO stehenden,  mittelalterlichen Handelsplatz. Auch wenn Bergen wegen seiner vielen Regentage berüchtigt ist, während der Tallships´Races hatte Petrus meist ein Einsehen und schickte Sonne und Wärme. Trotzdem, die schönen Tage vom 21 -24. Juli enden und Race 2 beginnt. Ziel ist Dänemarks zweitgrößte Stadt Aalborg, berühmt nicht nur wegen ihres Aquavits sondern auch sehenswerter moderner Architektur, romantischer Altstadtwinkel  und schicker Shopping Malls.

Wenn am Sonntag , dem 4. August mit der Übergabe der Sail Training International – Trophy für Völkerverständigung die Rennserie für dieses Jahr endet, werden eine ganze Reihe von Schiffen Segel setzen um die nun 700 jährige Hansestadt Rostock anzulaufen. Dort, vielen die Chance geben während der Tagestörns ihrer Sehnsucht Romantik zu frönen oder die Decks für´s Open Ship“ freigeben (u.a. Cuauhtemoc aus Mexiko) .

Aktuelle Informationen gibt es immer unter:

www.sailtrainginternational.org

©2019 H.H.Böhm

Hamburg: LANGE Nacht der (maritimen) Museen 18.-19. Mai 2019

Auf fast 400 eng bedruckten Seiten stellt der  Hamburger Museumsdienst das Programm der langen Nacht vor. 11 Buslinien, fast alle von den Deichtorhallen ausgehend, verbinden die mehr als 50 Museen, zudem bringt der 1876 gebaute Alsterdampfer „St. Georg“ Besucher vom Jungfernstieg über die historischen Kanäle Barmbeks zum Museum der Arbeit. Die roten Barkassen der Circle Line ersparen Gästen die lange Fahrt mit Bus oder Auto zu den 50er – Schuppen aus der Zeit Kaiser Wilhelm II. Wer die faszinierende Matinee im Prototypen – Museum während des Hafengeburtstages versäumt hatte, erhält hier über das zukünftige Deutsche Hafenmuseum von der Projektleiterin Ursula Richenberger nochmals Informationen aus erster Hand.

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Bestimmt findet der Aufstieg zur Spitze eines historischen Hafenkrans ebenso viel Interesse wie der Programmpunkt „Orientierung auf der Elbe auch nachts bewahren“.  Hafensenioren berichten zudem „aus der guten alten Zeit“ und Ewerführer über das gar nicht so romantische Leben auf einer Kastenschute. Welch enorme Bedeutung die heute fast vergessenen Kräne für den Hamburger Hafen hatten, erläutert Carsten Jordan, der jetzige Leiter des Museums. Zur Musik aus aller Welt, incl. Jazz, mit der die UKW – Band unterhält gibt es in der Kaffeeklappe das, was damals auch den kräftigen Stauern schmeckte  (Hafenmuseum – Zeitkapsel: Wir bewahren das kulturelle Erbe des Hafens).

Im Auswandererzentrum Ballin Stadt, am besten mit der Buslinie 307 oder der S-Bahn zu erreichen, berichten Mitarbeiter während der Führungen u.a. über „Auswandererschicksale im Wandel der Zeiten“.

Im „Internationalen maritimen Museum“  steht diesmal die britische Navy im Mittelpunkt. Thematische Führungen  (ca. 30min),  u.a. zur britischen Marinemalerei, den Pressgangs, dem Modellbau, vermitteln an Hand der faszinierenden Ausstellungstücke einen tiefen Einblick in den harten Alltag der Mannschaften im 18. und 19. Jahrhundert. Klar, dass bei dieser Thematik extra gebraute Ales und Stouts im Anschluss für die richtige Stimmung sorgen.

Zum größten  noch fahrenden Museumsschiff der Welt, der Cap San Diego sind es nur wenige Busminuten. Dort wartet ein Hochseilgarten, der bis 30m in die Höhe führt auf wagemutige Kletterer. Selbstverständlich steht den Besuchern  das ganze Schiff zur Verfügung, erklärt von den „Ehrenamtlichen“ oft ehemaligen Seeleuten.

Zur nächsten Station, dem „Museumsschiff Rickmer Rickmers“, sind es nun nur noch Gehminuten. Dort unterhält Dieter Schmid mit maritimen Liedern und seinem Akkordeon, Bernd Duckstein will mit altersgerechten Spielen Kinder für das Museumsprojekt begeistern. Dem Vorsitzenden des Betreibervereins bleibt es vorbehalten umfassend über die Geschichte des Dreimasters und seiner Crew zu referieren.

Sowohl das Altonaer Museum als auch das Hamburg Museum (frühert: Museum für Hamburgische Geschichte) verfügen über große maritime Abteilungen. Ersteres informiert an diesem Abend u.a. über das moderne Piratenunwesen, die immer noch Hamburgs Reeder bedrohen. Im Altonaer Museum geht es u.a. um das Bewahren von Ausstellungsstücken im Museum und wertvollen Souvenirs in den Wohnungen der Besucher.

Auch das frühere Museum für Völkerkunde, heute MARKK, beherbergt umfangreiche Sammlungen zur Seefahrt der Völker in Afrika, Asien und im Pazifik, die aber diesmal nicht im Mittelpunkt des Veranstaltungsprogramms stehen.

Da die Eintrittskarten auch noch am Sonntag gültig sind, kann man 17€ für Erwachsene (14€ ermäßigt bis18J.) und 4€ für 13 – 14 Jährige akzeptieren – auch wenn hier wieder zu kritisieren ist, dass viele Hamburger Rentner, Studenten und Hartz IV – Empfänger unangemessen benachteiligt werden!

Etwas verständlicher wird diese Entscheidung wenn man weiß, dass ein kleines 5 Personenteam all  diese viele hundert Programmpunkte koordinierte und vollständig von der Finanzierung durch Sponsoren abhängt. Wie gering Hamburgs Kulturbehörde diese Veranstaltung schätzt  wurde bei der Pressekoferenz deutlich an der kein Mitarbeiter der Kulturbehörde teilnahm – trotz der ca.
30 000 erwarteten Besucher!

Text: Herbert H. Böhm

Taschenbuch: Lange Nacht der Museen Hamburg, 353 S.

www.langenachtdermuseen-hamburg.de

Jochen Wiegandts neues Buch – Hallo, Hier Hamburg – Lieder und ihre Geschichte

Von „Liederatur“  zu berichten ist Jochen Wiegandts Ziel und Programm, damit fesselt er seine Zuhörer, egal ob beim Hafenkonzert des Norddeutschen Rundfunks oder live bei Auftritten wie kürzlich im Grundsteinkeller des Hamburger Rathauses als Gast des literarischen Kabaretts „Die Wendeltreppe“. Zusammen mit seinem musikalischen Partner am Akkordeon führte er sein gebannt lauschenden Zuhörer durch die Welt der Seemannslieder und Shanties. Mühelos gelingt es ihm, launig aber immer spannend, die Geschichten zu vermitteln die hinter den Liedern stecken. Er will den „Liedern und Balladen die Bedeutung

zurückgeben die sie verdienen, ihre Entwicklung untersuchen und die Veränderungen aufdecken, die sie durch Zensur und Nachlässigkeit erfahren haben. Dabei räumt er mit so mancher lieb gewonnenen Überzeugung auf.

Wenn er,  musikalisch überzeugend unterlegt, schildert wie weit die vielen Shantychöre, die es ja erst seit 1956 gibt, vom wirklichen Leben bzw. vom echten Shanty in ihren Darbietungen  entfernt sind. Obwohl kaum einer dieser Sänger je die Planken eines echten Windjammers betreten, geschweige denn den rauen Alltag des Seemanns kennen gelernt hat, gaukeln sie dem Zuhörer mit Hilfe von im Rhythmus völlig falsch gesungenen Arbeitsliedern (Shanties) eine Romantik vor, die es nie gegeben hat. Dazu gibt es die Hintergrundgeschichten zu so bekannten Stücken, wie „Einmal noch nach Bombay“, „Ein Schiff wird kommen“, dem Lied der Gorch Fock „ Weiß ist unser Schiff“ oder „Wir lagen vor Madagaskar“ aus den 1930 er Jahren, das aus mehreren Urliedern zusammengesetzt wurde.

Seit vielen Jahren hat es sich der 1947 in Güstrow geborene Sänger, Liedermacher und im besten Sinne Amateur – Volkskundler zur Aufgabe gemacht altes Liedgut zu sammeln, auf seine musikalischen, politischen, sozialen und sogar moralischen Hintergründe zu untersuchen. Ob mit der 1975 gegründeten Gruppe Lieder Jan, die sogar mittelalterliche Lieder mit historischen Instrumenten wieder belebte oder  in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt“ in dem 2013 erschienenen Buch „Singen Sie Hamburgisch“ – stets stand das Bemühen vom vergessen bedrohte Lieder in Ihrem historischen Kontext zu bewahren im Zentrum.

Mit dem nun vorliegenden Buch, das er selbst ein „buntes Kaleidoskop mit den Songs der Seeleute von den sieben Meeren“ nennt, dem „Liederaturmuseum“ ist es ihm gelungen seine unterhaltsamen und faszinierenden Abende  nahezu 1:1 in Buchform zu übertragen.

Dass dem Lektorat kleine Fehler entgingen, wie dass die Gorch Fock nicht das zweite Segelschulschiff der bundesdeutschen Marine ist, sondern das zweite dieses Namens spielt bei der Fülle der recherchierten Fakten wohl kaum eine Rolle.

 

Ergänzt werden die Texte zum einen durch historisches Bildmaterial zum anderen durch aktuelle Fotos des wohl besten Hamburgfotografen, Michael Zapf.

 

 

Jochen Wiegandt
Hallo, hier Hamburg.
Format 13,5 x 21cm,256 S.
Edel Books, Hamburg
ISBN – 978 – 3 – 8419 – 0524 – 6
Preis: 17,95€

© H.H.Böhm 2017

Tall Ships Races 2017 Ostsee 30. Juni – 8. August – Segeln auf Johann Smidt, Roald Amundsen und Royal Helena

 

Das Feld  ist eindrucksvoll: 22 Rahsegler, 22 Schoner und 38 Hochseeyachten gehen in diesem Sommer bei den Windjammer – Regatten in der Ostsee an den Start. Beginnend in dem kleinen schwedischen Hafen von Halmstad führt die erste Regatta nach Kotka, fast am Ende des Finnischen Meerbusens. Daran schließt sich ein gemütlicher Törn an, der in Turku endet. Hier beginnt die zweiteWettfahrt, die Klaipeda (ex Memel) zum Ziel hat. Nach dem dritten und letzten Race werden in Stettin die Gesamtsieger aller drei Wettfahrten gefeiert und die wertvollste Auszeichnung, die Tallships Friendship Trophy, übergeben.

 

Halmstad        30.6. – 3.7.

Race 1

Kotka              13.7. – 16. 7.

Cruise in Compnay

Turku              20.7. – 23. 7

Race 2

Klaipeda         29.7. – 1.8.

Race 3

Stettin                         5.8. – 8.8.

Nicht nur für Kenner der Szene hält das Feld einige Überraschungen bereit. Zum ersten Mal segelt das neue Segelschulschiff des Oman, die Shabab Oman II in der Ostsee, kämpft mit ihrem Fast -Schwesterschiff Cisne Branco um die besten Platzierungen, dazu kommen erstmals in der Ostsee die Bark Mircea, das Schulschiff der rumänischen Marine (ein Schwesterschiff der Gorch Fock) und die schnelle Barkentine „Royal Helena“ aus Bulgarien. Auch für die Royalist (II), eine neue Brigg aus Großbritannien und die von einem Feuer schwer beschädigte Malcolm Miller ist die Regattaserie eine echte Premiere.

Wer jetzt noch eine freie Koje finden will muss sich beeilen, denn viele Teilstrecken sind bereits ausgebucht. Noch finden sich freie Plätze auf den deutschen Schiffen Johann Smidt und Roald Amundsen. Mitglieder der STAG erhalten, wenn die Bedingungen stimmen, für die Regatten auf diesen Schiffen sogar Törnzuschüsse.

4/2017 H.Böhm

17. Lange Nacht der Museen in Hamburg Samstag, 22, April 2017

84 teilnehmende Museen und 786 Veranstaltungen erwarten die Besucher in Hamburgs „Langer Nacht der Museen“, die diesmal von 17 Uhr bis 2 Uhr morgens dauert.

Im „Internationalen Maritimen Museum“ dreht sich alles um die Hanse, deren Schiffe und das Mittelalter. Die Mischung lockt hier den ganzen Abend beim Treiben an den Ständen der Lübecker Marktleute, beim Mittelalterkonzert der TriScurria zu verbringen und dazwischen den spannenden Berichten über den uralten Stecknitzkanal, oder den spätmittelalterlichen Schiffbau sowie den Gedanken über die Gemeinschaft der Pfeffersäcke nachzuhängen. Leider musste für diesen Abend die sehenswerte Ausstellung „Kunst im Chaos“  mit Fotos des bekannten Hamburger Fotografen Heinrich Hamann im Magazin verschwinden.

Nicht weit ist zur  „Rickmer Rickmers“. Hier steht die maritime Kultur im Mittelpunkt. Bernd Klevenhusen beschäftigt sich ausgiebig mit Ringelnatz und seinem skurrilen Seemann Kuddel Daddeldu, natürlich gibt’s Shanties zu hören, Knoten zu lernen und Vorträge samt Führung zur Geschichte des Dreimasters.

Doch der Verlockung mit der Barkasse zum nächtlich – geheimnisvollen Hafenmuseum überzusetzen ist bestimmt schwer zu widerstehen. In den sehenswerten 50er Schuppen aus der Kaiserzeit, steht die Nacht unter dem Motto:  Flying P. – Salpeterfest im Hafen. Schon die Fahrt durch den nur spärlich erleuchteten Hafen stimmt den Besucher auf die Zeit ein, als im Hafen noch die Schauerleute und  Ewerführer dominierten. Joachim Kaiser, langjähriges Vorstandsmitglied der „Stiftung Hamburg Maritim“ wirft zudem einen Blick in die Zukunft und berichtet über das einzigartige Projekt der Restaurierung  der Viermastbark „Peking“.

Auch wenn um 2 Uhr morgens in allen Museen die Lichter ausgehen gilt das nicht für das St. Pauli – Museum wo man bis in den frühen Morgen bei einem „veganen Schaumsüppchen nach dem deutschen Reinheitsgebot“ ausklingen lässt .

Für 15€ (ermäßigt 10€) wird viel geboten. Natürlich der Eintritt in sämtliche Museen auch am darauf folgenden Sonntag, der Törn mit der im 30 Minutenabstand verkehrenden Barkasse zum Hafenmuseum, die Fahrt mit dem historischen Alsterdampfer St. Georg  über die Alster und Kanäle (45min.) zum Museum der Arbeit in Barmbek sowie die Shuttlebusse zu den Museen.

(www.langenachtdermuseen-hamburg.de)

 

18.4.2017 Herbert  H. Böhm

Start in den Sommer im Kehdinger Küstenschifffahrts – Museum

Sonderausstellung 1: Traditionssegler  in rauer See  –  Reiner Will’s Bilder

Sonderausstellung:  Johann Heinrich Röding – Wie sagen es die Seeleute

Weihnachten: Zuerst gaaanz viel Zeit und dann ist es plötzlich doch soweit. Genauso ist´s mit Ostern:  „Völlig überraschend“ startete daher am Ostersonntag das Kehdinger Küstenschifffahrtsmuseum wieder in die Sommersaison. Unter den mehr als 1000 Exponaten aus dem Bereich der Küstenschifffahrt findet man immer wieder Neues, auch wenn man glaubt das Museum bereits zu kennen.

Die beiden Sonderausstellungen werden auch in diesem Jahr wieder viele Besucher in den denkmalgeschützten Bau der ehemaligen Mühle locken, in dem seit 1994 die Sammlungen gezeigt werden.

Nur bis Mitte Juli sind die äußerst dynamischen Acrylbilder von Reiner Will zu sehen. Kraftvoll erzählt er damit Geschichten von der Seefahrt und den Verlockungen des Meeres. Die Lieblingsmotive des auf Norderney geborene Seemanns, Künstlers und Segellehrers, der nebenbei noch die Meisterprüfung für das Malerhandwerk abgelegt hatte, sind vor allem die Traditionssegler die unter Vollzeug bei viel Wind durch Nord – und Ostsee jagen. Als Kontrapunkt zu Wills immer in starken Farben gehaltenen Bildern zeigt das Museum im gleichen Raum die subtilen, zurückhaltend farbigen Zeichnungen von Wills Partnerin. Sie zeigen ihn in ganz privat, scheinbar unbeobachtet in seiner Hamburger Wohnung.

Ganz der Geschichte der Schifffahrt des späten 18. Jahrhunderts gewidmet sind die hervorragend reproduzierten Blätter aus dem 1793 erschienen „Allgemeinen Wörterbuch der Marine“ in vier Bänden.  Der 1763 in Buxtehude geborene Johann Hinrich Röding verfasste damit praktisch das erste deutsche Lexikon mit seemännischen Fachbegriffen zum Bau, Takelung und Betrieb von Segelschiffen in acht Sprachen, die zusätzlich mit detaillierten Zeichnungen näher erklärt werden. Vor jedem der vielen Blätter, die zu einer in Buxtehude zusammengestellten Wanderausstellung gehören, könnte man lange stehen bleiben um die vielen Details zu erfassen.

Auch wenn die Flutkatastrophe von 1962 den meisten älteren Bewohnern des Kehdinger Landes noch „in den Knochen steckt“, so erinnern die unbezahlt tätigen Museumsmitarbeiter mit einer weiteren kleinen Sonderausstellung dass dies wirklich nicht die erste verheerende Sturmflut war die diesen Landstrich heimgesucht hatte – und wahrscheinlich auch nicht die letzte. Die große Weihnachts -Flut von 1717 traf die Dörfer und Höfe, die nicht auf schützenden Warften gebaut waren, mindestens ebenso hart, wenn nicht in Anbetracht der geringen technischen Hilfsmittel noch härter.

Kurz, es lohnt sich also wieder nach Wischhafen und in Kehdinger Land zu fahren. Dies bestätigten eindrucksvoll die vielen Gäste bei der Eröffnung der diesjährigen Museumssaison.

 

Museum geöffnet:

Ostern – Mitte November

10.00 – 12.00 13.00 – 18.00

 

Bis 31.5. Samstag, Sonntag und Feiertage

Ab: 1.6. – 30.9. tägl. außer Montag

Wir wollen unsere Schiffe behalten!!!

Mit diesem Erfolg hatte niemand gerechnet: Minister Dobrindt stellte sich der Diskussion mit den Teilnehmern der Demonstration vor der Handelkammer Hamburg! Und noch unglaublicher:  Er sicherte zu, dass kein Traditionssegler, der  nicht vorher ein Kollisionsschott hatte nun zusätzlich eine einbauen müsse! Gleichzeitig sicherte er zu, die Vertreter der Schiffe im Mai in Berlin zu einem Gespräch zu empfangen!

Was war geschehen? Am Dienstag zu früher Stunde, nämlich um 8.00 Uhr hatte sich eine Gruppe junger Crewmitglieder von Traditionsseglern vor der Hamburger Handelskammer versammelt. Bewaffnet mit Transparenten, Nebeltröten und schauspielerischem Engagement stellten sie den Untergang ihrer Schiffe medienwirksam dar. Und die Medien kamen! Eigentlich wollten sie ja nur über die 10. Nationale Maritime Konferenz berichten, zu der die Bundeskanzlerin zusammen mit der Wirtschaftsministerin Zypries und Bürgermeister Scholz eingeladen hatten, doch die Bilder und Kommentare der engagierten Jugendlichen wollten sich weder der NDR, der Deutschlandfunk, noch all die privaten Sender entgehen lassen. Waren es diese Medien, der nahende Bundestagswahlkampf?  – das lässt sich kaum mehr feststellen. Jedenfalls kam Minister Dobrindt, kaum dass er seinen Wagen verlassen hatte, zum Erstaunen seinen Personenschützer und Begleiter zu den Demonstranten, stellte sich deren Fragen und signalisierte unerwartete Gesprächsbereitschaft. Bis zum Nachmittag bat er um eine schriftliche Zusammenstellung der Probleme aus der Sicht der Crews und das war ihm wichtig:  die Sicht der unmittelbar Betroffenen. Und diesen Termin hielt er ein, nahm die Fragen – und Forderungskataloge entgegen und sicherte ein vertiefendes Gespräch in Berlin im Ministerium zu!

Ob es nun die subjektive Beobachtung eines Beteiligten war oder Tatsache: zum ersten Mal schien Dobrindt angesichts der an diesem Nachmittag vorgetragenen Argumente Zweifel an den von der Bürokratie des Ministeriums zielgerichtet gefilterten Argumenten zu haben und hat daraufhin ausgesprochen „flexibel“ reagiert.

Die so auf ihre Individualität bedachten „Ritter des Gaffelriggs“ können ihren jungen  Crewmitgliedern, auch wenn es jetzt pathetisch klingt“ für diese Aktion in Hamburg gar nicht dankbar genug sein, denn ihnen ist es gelungen, was alle Vertreter  nicht vergeblich versucht hatten – ein direktes Gespräch mit dem „Boss“!

©H.H.Böhm 2017

Hier die Einladung an alle Betreiber von Traditionsschiffen, sich an dem Treffen mit dem Minister zu beteiligen

20170407 GSHW an alle Traditionsschiffe der BRD – Treffen mit dem Ministerium